Selbstverteidigung boomt. Das Bedürfnis, sich und andere schützen zu können, wächst – stetig.
Das haben natürlich auch alle Kampfsport- und Kampfkunstschulen mitbekommen. Manche sehen für sich ein, dass sie kein Selbstverteidigungssystem sind, andere bauen ihre Techniken teilweise um, so dass sie zur Selbstverteidigung genutzt werden können. Wieder andere lassen alles beim alten und nennen das, was sie seit Jahrzehnten als Kampfsport angeboten haben, jetzt auch Selbstverteidigung. Das sehe ich – teilweise – kritisch.
Selbstverteidigung muss funktionieren. Immer. Egal, wie mein aktueller Status ist. Heisst: laufe ich in gemütlichen Klamotten durch die Stadt, muss ich mich genauso verteidigen können, wie wenn ich einen Anzug anhabe, oder einen Minirock, oder oder oder.
Es gibt diverse Kampfsportanbieter und -stile, die mit hohen und weit ausgeholten Tritten arbeiten. Das funktioniert in Sportsachen, aber nicht im Minirock oder im Anzug. Hier fehlt mir schlicht die Bewegungsfreiheit. Und auch ansonsten sind lange und ausgeholte Techniken eher langsam. Das genügt bestimmt für den angetrunkenen Randalierer, der einfach schlecht drauf ist. Für den geübten Strassenschläger eher nicht. Ausserdem muss man damit rechnen, zu fallen. Nun muss man sich auch auf dem Boden verteidigen können. Tritte zum Kopf und Körper eines liegenden Opfers sind mittlerweile keine Seltenheit mehr. Damit fallen nahezu alle Kampfsportarten aus. Auch mit mehreren Angreifern muss man rechnen, oft fühlt sich der Pöbel nur in der Gruppe stark. Auch das wird eher selten trainiert.
Wenn ihr euch also entscheidet, mit Kampfsport zu beginnen, die Selbstverteidigung lediglich ein netter Nebeneffekt sein soll, ist das sicher keine schlechte Entscheidung. Wenn ihr gezielt Kampfsport betreiben möchtet, um euch zu verteidigen, hinterfragt für euch selber, ob das tatsächlich möglich ist.
- wie lange müsst ihr trainieren, um Verteidigungstechniken zu erlernen
- könnt ihr die Techniken, die euch gezeigt werden, auch in jeglicher Strassenkleidung ausführen, die ihr so im Schrank hängen habt
- würden die gezeigten Techniken euch wirkungsvoll ausser Gefecht setzen
Nicht alles ist schlecht, aber oft steht „Geld verdienen“ deutlich über dem realistischen Schutz der Schüler. Das ist verständlich, aber leider auch verwerflich.